Kundenzufriedenheit - zufrieden ist zu wenig
Neulich beim Kaffeeholen. "Ach, wo ich dich gerade zufällig sehe ...". Freitagnachmittag. Warum nur musste ich mir diesen dämlichen Kaffee noch besorgen? Sicher braucht mein Chef wieder etwas enorm Wichtiges und spätestens bis Montag früh. "Der NPS von deinem Produkt ist super. Unser Management hat es sehr positiv aufgenommen." Wie, was, keine dringende Arbeit, sondern anerkennendes Lob? – Und tatsächlich, es ist ein hart verdientes und besonderes Lob.
NPS steht für Net Promoter Score und ist eine Kenngröße für die Kundenzufriedenheit. Der Wert wird durch eine Kundenbefragung ermittelt, wobei folgende Frage an (möglichst viele) Kunden gestellt wird:
“Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie das Produkt / die Dienstleistung
an einen Freund oder Kollegen weiterempfehlen?”
Als Antwort sollte der Befragte eine Zahl zwischen 0 und 10 nennen. Damit wird das Spektrum von sehr unwahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich abgedeckt. Die Auswertung und Berechnung des NPS wird folgendermaßen durchgeführt, siehe Bild:
- Kunden, die mit 0 bis 6 antworten, werden der Gruppe Kritiker zugeordnet.
- Kunden, die mit 7 oder 8 antworten, werden der Gruppe Passiv Zufriedene zugeordnet.
- Kunden, die mit 9 oder 10 antworten, werden der Gruppe Promotoren zugeordnet.
- Anschließend die Prozentzahlen ermitteln, den Prozentwert der Kritiker von dem der Promotoren abziehen, und schon hat man den Net Promoter Score (NPS).
Bild: Produktmanagement & Kundenzufriedenheit: Berechnung des Net Promoter Score (NPS)
Die Frage nach der Weiterempfehlung durch einen Kunden ist viel aussagekräftiger als die Frage nach der Zufriedenheit mit einem Produkt. Wenn man zufrieden ist, neigt man dazu, träge zu sein. Es läuft zufriedenstellend und bereitet wenige Probleme. Gut so und hoffentlich bleibt es so. Aber man hat stets ein offenes Ohr, ob die Konkurrenz nicht etwas Gleichartiges oder sogar Besseres zu einem günstigeren Preis anbieten kann.
Wenn man begeistert ist, ist es anders. Man behält die Begeisterung nicht für sich, sondern teilt sie, im Freundes- und Bekanntenkreis, in Bewertungsportalen, in sozialen Medien. Die Konkurrenz ist kein Thema. Der Kunde ist treu und loyal.
Gefährlich sind die Kritiker. Sie raten aktiv vom Produkt ab und schädigen nachhaltig den Ruf. Sie wechseln bei nächster Gelegenheit den Hersteller und kommen nicht mehr zurück. Der Produktmanager sollte offen für die Kritikpunkte sein. Wenn sie berechtigt sind, sollten sie beseitigt werden. So kann der Produktmanager zumindest den negativen Darstellungen begegnen.
Durch die Zuteilung der Werte 0 bis 6 zu den Kritikern berücksichtigt der Net Promoter Score, dass negative Mundpropaganda schwerwiegender ist als positive. Bleibt noch zu erwähnen, dass ein NPS von 30 als gut eingestuft werden kann, ein NPS von 50 als sehr gut und ein NPS von 70 als exzellent.
Wow, der NPS meines Produkts ist auf 51 gestiegen! Damit habe ich beste Argumente für eine ordentliche Gehaltserhöhung. "Äh, Chef, bei dieser Gelegenheit: Wie sieht es denn aus mit meiner …". Schon ist er um die Ecke verschwunden. Ich höre ihn noch sagen "Ich muss jetzt dringend meine Frau abholen." Naja, dann muss ich wohl einen besseren Moment für die Gehaltserhöhung abwarten. Ich könnte nächste Woche den Spieß umdrehen und meinen Chef beim Kaffeeholen abpassen mit einem "Ach, wo ich dich gerade sehe ...". Und das 'zufällig' natürlich nicht vergessen.
Autor:
Alfred Ressenig ist Referent des früher bei MicroConsult angebotenen Trainings "Mit Produktmanagement zum modernen Unternehmen" und bringt 18 Berufsjahre als Produktmanager in namhaften internationalen Technologieunternehmen mit.
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Remo Markgraf
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