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Denkanstöße 26 - Raus aus der Schockstarre

Umweht Sie gerade sanft die erste Brise des "Wind of Change" oder hören Sie die Zeitbombe in der Chefetage ticken, die bald Ihre Welt in Fetzen reißt? Wie dem auch sei, Veränderungen passieren in Unternehmen meist nicht aus heiterem Himmel. Die Gerüchteküche sorgt bereits für Spekulationen und Ahnungen. Häufig wissen wir intuitiv, dass es so nicht weitergehen kann. Die einen hoffen im Stillen, dass sie trotzdem noch eine Weile in alten Gewohnheiten kuscheln können. Andere sprechen den Wunsch nach Veränderung aus: "Ich wäre eigentlich froh, wenn man endlich den Stein ins Rollen bringen würde". Die Ansammlung von Konjunktiven und verbalen Weichmachern in diesem fiktiven Zitat lässt eine Wasch-mich-aber-mach-mich-nicht-nass-Mentalität erkennen. Wieder andere sind wild entschlossen, ohne Rücksicht auf Verluste den Laden einmal so richtig umzukrempeln. Es ist schwer, das richtige Maß zu finden.

Ob tatsächlich etwas passiert, hängt von der realen Veränderungsbereitschaft der Menschen ab. Ein sehr schönes Modell dafür liefert die sogenannte "Energieformel der Veränderung". Sie besagt, dass drei Faktoren in ausreichender Intensität vorliegen müssen, damit Veränderung stattfindet:

1.  Die Unzufriedenheit mit dem Status Quo
2.  Die Klarheit und Attraktivität des Veränderungsziels oder - wenn Sie das Wort nicht schon nervt - die Vision
3.  Die positive Einschätzung der Umsetzbarkeit

Das Produkt dieser drei Faktoren steht für die verfügbare Veränderungs-Energie, die bei den Betroffenen sehr unterschiedlich sein kann. Nach Adam Riese läuft nichts, wenn einer der Faktoren NULL ist. Um die Veränderungshürde zu nehmen, muss das Produkt dieser Faktoren so groß sein, dass es die erwarteten Anstrengungen übertrifft. Leider lässt sich diese Formel nur qualitativ anwenden. Sie macht aber klar, dass es nicht genügt, eine bessere Zukunft zu versprechen und zu glauben, dass sich dann alle mit Hurra in die Veränderung stürzen.

Das haben die meisten Führungskräfte kapiert, und so wird viel über Ziele, Strategien und Maßnahmen nachgedacht. Und schließlich, nach langem Grübeln und Feilen, wird das Ergebnis stolz der Allgemeinheit präsentiert. Dummerweise hält sich die Begeisterung über die Genialität der Veränderungsmanager meist in Grenzen. Denn unabhängig davon, ob die Betroffenen nun eher Vorteile oder Nachteile für sich erkennen, betreten nun alle unsicheres Terrain. Sie stehen wie Nichtschwimmer am Ufer eines Flusses, den sie demnächst durchschwimmen sollen.

Alle haben ein flaues Gefühl. Bei einigen kommt noch hinzu, dass sie keine Lust haben, Wasser in die Nase zu bekommen oder es gar zu schlucken. Angst, Skepsis und Hilflosigkeit spricht aus den Gesichtern.

Leider vergessen die Veränderungsplaner gerne, dass sie im Gegensatz zu den ahnungslosen "Nichtschwimmern" bereits Zeit hatten, sich mit der Veränderung und den damit verbundenen Konsequenzen vertraut zu machen, und wundern sich über diese Reaktionen.

Auch wenn Gerüchte und Vorahnungen bereits die Runde gemacht haben, so trifft die Gewissheit die nun in Kenntnis Gesetzten wie ein Schock. Wie groß und anhaltend diese Schockwirkung ist, hängt davon ab, wie viel Veränderungsenergie durch die Ankündigung und die darauf folgenden Maßnahmen mobilisiert werden kann. Abhängig von diesem Energiezustand durchläuft jeder mehr oder weniger intensiv die weiteren Phasen der Veränderung.

Nach dem Schock kommt es vor allem bei denen, die aus ihrer Sicht unangemessene Härte erwarten, zu einer Abwehrhaltung, die offen oder versteckt ausgelebt wird. Nach und nach setzt sich, sofern die Veränderung an diesem Widerstand nicht scheitert, die rationale Einsicht durch, dass es wenig Sinn macht, sich weiter zu wehren bzw. dass die Veränderung hart aber notwendig ist. Diese mündet dann allmählich in einer emotionalen Akzeptanz. In dieser Phase nehmen die Menschen nun endlich tatsächlich Abschied von dem Altvertrauten. Die unproduktiven Phasen von Widerstand, Frustration und Trauer weichen dann schrittweise der Neugier. Erfreulicherweise beginnen nun die meisten, die neue Situation zu erforschen. Wenn sich dabei herausstellt, dass die Veränderung tatsächlich neue Chancen eröffnet, kann Neugier sogar in Enthusiasmus übergehen.

Erst jetzt beginnt der Lernprozess, der notwendig ist, damit die Beteiligten die Neuerungen nutzbringend in ihre Arbeit integrieren. Sie sammeln Erfahrungen; die Produktivität steigt wieder an. Irgendwann wird bei sinnvollen Veränderungen das Leistungsniveau, das vor der Veränderung bestand, überschritten. Das Selbstvertrauen wächst, und das Neue wird nach und nach zum vertrauten Wegbegleiter.

Gerne sende ich Ihnen eine Übersicht aller Veränderungsphasen mit den typischen Gemütszuständen der Betroffenen sowie Hinweise zu unterstützenden Maßnahmen. Schicken Sie mir einfach eine E-Mail mit dem Betreff "Veränderung" an p.siwon@die-menschliche-Seite.de.

Ich freue mich auch, wenn Sie mir Ihre Fragen und Antworten zu diesem Thema zusenden.

Peter Siwon

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