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Denkanstöße 17 - Die Sache mit dem Hirnhuhn

Denken Sie ab jetzt eine Stunde lang nicht mehr an ein Huhn, weder in Form einer Henne, eines Gockels, eines Kükens oder eines Eies noch in lebender, gegrillter, gekochter oder gemalter Form. Wann immer der Gedanke daran auftaucht, machen Sie sofort einen Strich auf einem bereitgelegten Zettel.

An was sollen Sie nicht mehr denken? Das war der erste Strich! Sie sehen, höchste Konzentration ist geboten. In etwa einer Stunde fahren Sie bitte mit dem Lesen des Artikels fort. Wer sofort weiterliest macht zur Strafe 10 Striche. Damit kommen Sie wahrscheinlich noch gut weg. Denn ab jetzt lauern die … an jeder Ecke.

Ist die Stunde vorbei? Wie sieht es mit Ihrer Strichliste aus? Sie erinnern sich, dass Sie sich NICHT an ein gewisses Federvieh erinnern dürfen (Strich nicht vergessen!). Sie haben sicher bemerkt, dass es zu den schwersten Übungen gehört, die es gibt, an etwas nicht zu denken. Unser Gehirn hat ein Problem mit Negationen, auch wenn es damit sprachlich und analytisch sehr wohl umgehen kann. Doch wie soll es an ein … nicht denken, ohne an ein … zu denken?

Spätestens jetzt müssen Sie wieder einen Strich auf Ihrer Liste machen. Sie ärgern sich vielleicht noch darüber, dass Sie an … gedacht haben, und schon machen Sie den nächsten Strich. Möglicherweise denken Sie jetzt sogar bei jedem Strich daran, den Sie künftig irgendwo sehen.

Ziele, Aufgaben oder Aussagen, die fordern, dass etwas NICHT sein darf oder NICHT gemacht werden soll, lenken zwangsläufig die Aufmerksamkeit genau auf das, was vermieden werden soll. Dies ist auch sinnvoll, weil es erstens logisch ist, dass was negiert wird auch existieren muss. Zweitens ist es bio-logisch, weil die Vermeidung z.B. einer Gefahrenquelle ihre Kenntnis voraussetzt. Das Gehirn macht alles richtig, wenn es strikt zwischen Negation und Löschen eines Gedankens unterscheidet. Negation verhindert sogar das Löschen von Gedanken. Quod erat demonstrandum, gackert da schadenfroh das Sie-wissen-schon (Strich nicht vergessen!). Ärgern Sie sich also nicht, wenn das Huhn (das gilt jetzt nicht - kein Strich) ab heute Ihr Denken, Fühlen und Handeln bestimmt, auch wenn Sie sich bewusst dagegen entschieden haben. Es gibt nicht nur Ohrwürmer, sondern auch Hirnhühner.

Die Schwierigkeiten beginnen erst, wenn dem Nichtexistenten eine gedankliche Existenz verliehen wird, z.B. in Form eines Hirnhuhns, anstatt dafür zu sorgen, dass das in Gedanken existiert, was Realität ist oder werden soll. Damit entsteht neben der unglücklichen Lenkung der Aufmerksamkeit noch ein weiteres Dilemma: Wir fragen uns ratlos, woran wir statt des Huhns denken sollen. Hund, Giraffe, Katze, Maulwurf, …..? Gut, das war jetzt ein bisschen kompliziert. Deshalb ein Beispiel.

Was sehen Sie vor Ihrem geistigen Auge, wenn Sie eine Aufforderung hören wie "Leute, wir werden NICHT scheitern, VERBANNT Worte wie Krise oder Problem aus Eurem Wortschatz."? Sie soll motivieren, bewirkt aber, dass die Anzeichen für Scheitern, Krisen und Probleme in unserem Kopf herumzuspuken beginnen und alle Assoziationen, die wir damit verbinden, munter von unserer Stimmung Besitz ergreifen.

Die gutgemeinte Äußerung begünstigt eine emotional negative innere Haltung, die nur schwer durch den Einspruch des Verstands "Er hat 'NICHT' gemeint!" relativiert werden kann. Das Bauchgefühl sagt uns trotz aller Bemühungen des Verstandes, dass wir etwas Negatives vermeiden sollen, das mit dem Projekt in engem Zusammenhang steht. Am besten wäre, wir meiden das Projekt.

Ebenso bleiben jede Schätzung, jedes Gerücht und jede Beleidigung, auch wenn sie nachträglich verneint wurden, irgendwo in unserem Kopf verankert. Wie das verdammte Federvieh!

Tipps gegen Hirnhühner:

Sagen Sie, was Sie wollen und NICHT, was Sie NICHT wollen! Jetzt bin ich beim letzten Satz selber in die Falle getappt. Merken Sie, wie unsere Neuronen den ersten Teil des Satzes "Sagen Sie, was Sie wollen" genüsslich aufnehmen? Er zergeht buchstäblich auf der Zunge. Der zweite Teil "und NICHT, was Sie NICHT wollen" dagegen ist wie ein Stückchen Fisch mit Gräten, das Sie mühsam und tastend im Mund hin- und herschieben. NICHTs sind wie Gräten!

Zweiter Versuch: Sagen Sie, was Sie wollen! "Leute, wir haben schon hunderte Male bewiesen, dass wir es schaffen. Wir werden auch dieses Mal wieder die Erfolgsparty beim Happy End des Projekts feiern!" Das klingt doch gleich viel besser.

Erzeugen Sie das Bild der Realität, die Sie sich wünschen: zufriedene Kunden, ein tolles Produkt, der Chef, der Ihnen anerkennend auf die Schulter klopft, usw. Wenn sich Hirnhühner wie "Ich will keinen Ärger mit Kunden", oder "Ich hoffe, es gibt keine Rückrufaktion" feige von hinten anschleichen, dann drehen Sie ihnen den Hals um. Rufen Sie sich dazu immer wieder die Bilder in Erinnerung, die Sie dazu bringen, Hindernisse erfolgreich zu überspringen, anstatt sie frustriert anzustarren.

Essen Sie heute Mittag ein … (raten Sie mal). Denn - und das ist mein letzter Tipp - wenn Sie das Huhn nicht loswerden können, machen Sie das Beste daraus.

Guten Appetit und viel Erfolg im Projekt!

Ich freue mich auf Ihre Denkanstöße unter denkanstoss@microconsult.de.

Peter Siwon

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